Grundsätzlich sei zu Beginn vermerkt, dass Heilpraktiker*innen bei sexuell übertragbaren Erkrankungen unter Behandlungsverbot stehen. Es ist jedoch gestattet, dass die Heilpraktikerin ihre Patientin während der schulmedizinischen Therapie berät und im Nachgang darin unterstützt das vaginale Mikrobiom naturheilkundlich wieder aufzubauen.
Ist die vaginale Flora immer gleich?
Kommt ein Kind, in dem Fall ein Mädchen, durch eine spontane Geburt zur Welt, übernimmt sie im Grunde über die Haut das vaginale und zum Teil auch das Darm Mikrobiom der Mutter. In Mitwirkung der mütterlichen Östrogene haben neugeborene Mädchen in diesem Sinne schon eine – wenn auch geringfügige – vaginale Besiedelung mit Laktobazillen. Dies ändert sich aber und bis zur Menarche hin ist der pH-Wert der Vagina alkalisch. Im Laufe der Jugend entwickelt sich eine Mischkultur aus Haut- und Darmkeimen, die aber in dieser Phase kaum zu Infektionen führt. Dies gilt auch für die Zeit nach der Menopause, jedoch kann Frau hier schon mal empfindlicher für bakterielle Infekte und Pilzbefall sein.
Wie gesagt: Mit der Pubertät, unter hormonellem Einfluss ändert sich die Besiedelung. Die Vagina einer gesunden Frau ist mit einer hohen Zahl von Laktobazillen bestückt. Die Anzahl der Milchsäurebakterien wird vorwiegend über das Östrogen gesteuert und ist damit auch abhängig vom Monatszyklus. Während der Regelblutung und kurz danach ist die Anzahl der Laktobazillen geringer und steigt dann mit zunehmender Östrogenkonzentration wieder an.
Der Entdecker der vaginalen Milchsäurebakterien war übrigens Albert Döderlein, ein deutscher Gynäkologe der von 1860 bis 1941 lebte. Er gab den Bakterien bis heute seinen Namen: Döderlein Bakterien, die auch in einigen Produkten so benannt sind.
Inzwischen sind über 170 Arten Bakterien identifiziert, die sich in der Vagina ansiedeln, sie sind teilweise streng anaerob und produzieren Milchsäure und unterstützen damit das saure, schützende Milieu der Vagina. Auch die H2O2-Bildner wie der L-acidophilus oder der L. gasseri gehören zur protektiven Flora. Sie halten schädliche Mikroorganismen durch die Bildung von Wasserstoffperoxid in Schach.
Die am meisten vorkommenden Laktobazillen sind:
- L-acidophilus
- L-crispatus
- L- gasseri
- L-iners
- L-jensenii
Die Flora ist sehr unterschiedlich von Frau zu Frau und zudem wechselt sie auch im Rhythmus. Sie ist aber grundsätzlich dominiert von Milchsäurebakterien, zumindest von der Menarche bis zur Postmenopause. Interessant ist, dass es insgesamt verschiedene „Vagitypen“ gibt, die in ihrer mikrobiellen Zusammensetzung variieren und noch zudem ethnische Zuordnungen zu haben scheinen. Es wurden hier weiße (kaukasische) Frauen, Afrikanerinnen, Frauen hispanischer Herkunft und Asiatinnen benannt.
Mit dem pH-Wert verhält es sich ebenso: er liegt bei den weißen Frauen zwischen 3,8 und 4,4 und Afrikanerinnen und Frauen hispanischer Herkunft haben deutlich höhere pH-Werte. Klar, wenn der pH-Wert steigt, ändert sich auch die Besiedelung und umgekehrt.
Ein komplexes System…
Eine gesunde Vagina ist also abhängig von einem komplexen Zusammenspiel aus hormoneller Lage, pH-Wert und den dort ansässigen Milchsäurebakterien. Ist die Schleimhaut intakt, bildet sie eine Schutzbarriere zum Beispiel gegen pathogene Keime und Pilze.
Im Becken der Frau liegen drei Körperöffnungen dicht beieinander: Anus, Vagina und Harnröhre. Überall haben wir es mit dem Mikrobiom zu tun und eine starke Flora schützt das gesamte Urogenitalsystem.
Werden Harnröhrenentzündungen, Blasenentzündungen und vaginale Infekte jeweils mit Antibiotika behandelt, kann dies auf den jeweils angrenzenden Bereich natürlich Auswirkungen haben. Oftmals entsteht hier ein unseliger Kreislauf von bakterieller Entzündung und Pilzbefall und Frauen haben dann ein chronisches Problem. Mal ist es dann die Harnröhre, mal die Vagina – insgesamt aber eine Dauerbelastung.
Folgende Faktoren können das vaginale Gleichgewicht stören:
- Antibiotika-Gabe
- Falsche Ernährung
- Stress
- Häufig wechselnde oder neue Partnerschaft
- Übertriebene Hygiene
- Synthetische Wäsche
Zwei Problemstellungen:
- Bakterielle Vaginose
Die Abnahme von H2O2 bildenden Lactobazillen wie z.B. L. acidophilus hat oft eine Zunahme von z.B. Gardnerella vaginalis zur Folge, der mit anderen Keimen zusammen einen Biofilm aufbaut in dem sich pathogene Keime weiter vermehren können. Dieser Biofilm ist oft auch durch Antibiotika-Gabe nicht ganz zu beseitigen, was die Chronifizierung von bakteriellen Vaginosen befördert. Werden Milchsäurebakterien mit eingesetzt, ist die Chance deutlich höher, dass der Biofilm aufgebrochen wird und sich die vaginale Flora wieder aufbaut.
- Pilzbefall
Er entsteht oft durch ein generell geschwächtes Immunsystem und auch nach einer Antibiose. Aber auch Frauen unter Chemotherapie und mit Einnahme von Kortikoiden sind anfälliger. Bestimmte Grunderkrankungen wie Diabetes und Störungen /Schwankungen im Hormonhaushalt können einen Pilzbefall mit verursachen. Insofern ist der Pilzbefall oft eine Begleiterkrankung.
Candida albicans ist in der Regel der Verursacher, manchmal auch Candida glabrata oder Candida tropicalis. In der Regel kommen hier Antimykotika zur Anwendung. Der Nutzen, hier Milchsäurebakterien zu ergänzen, ist groß.
Besonders achtsam sollten Schwangere sein. Denn bei 30 Prozent aller Schwangeren finden sich Pilze am Ende der Schwangerschaft. Diese sollten unbedingt vor der Geburt behandelt werden damit das Kind sich nicht ansteckt. Hier ist auch definitiv der Weg als ganzheitliche Therapeutin am Ende, denn eine Behandlung mit oralen Antimykotika ist während der Schwangerschaft kontraindiziert. Dieses Thema gehört in gynäkologische Hände.
Wie wird vaginale Gesundheit gefördert?
- Darmgesundheit:
Im Grunde profitieren Patientinnen, die häufiger an vaginalen Infekten, Pilzbefall und Blasenentzündungen leiden, immer auch von einer Darmsanierung. Dies ist oft die Grundlage für eine dauerhafte Bewältigung des Problems.
- Unterstützung der vaginalen Flora:
Darüber hinaus gibt es inzwischen spezielle Produkte für die gezielte Unterstützung der vaginalen Flora. Lacto intim von nupure ist ein solches Produkt. Es ist zusammengesetzt aus den Bakterienstämmen L. acidophilus, L. rhamnosus und Biotin, das der Gesunderhaltung der Schleimhäute förderlich ist.
- Ernährung:
Im Grunde haben wir hier die üblichen Verdächtigen: viel Gemüse, vollwertig, mit wenig tierischem Eiweiß, regional und saisonal, wenig Zucker und Genussmittel, dafür ausreichend pflanzliche Öle.
- Rauchen:
Nikotin als Gift lagert sich an den Schleimhäuten ab. Auch an den vaginalen Schleimhäuten. Zudem beeinflusst Nikotin das Immunsystem negativ. Eine Raucherin, die chronisch mit Vaginalinfekten und Pilzen zu kämpfen hat, sollte ernsthaft erwägen, das Rauchen aufzugeben.
- Stress:
Untersuchungen haben ergeben, dass psycho-sozialer Stress ein Risikofaktor für eine bakterielle Vaginose darstellt. Ich teile unten den Link zum Artikel, der eine dieser Untersuchungen beschreibt. Im Rahmen einer wirklich ganzheitlichen Arbeit ist dieser Faktor in jedem Fall mit einzubeziehen.
- Partnerschaft:
Es scheint so zu sein, dass häufiger Wechsel von Partnern das Immunsystem der Vagina schwächt. Dabei soll hier aber keine Moral befördert werden oder gar eine Beurteilung des Sexualverhaltens von Patientinnen. Sehen wir es einfach so: die Systeme von Mann und Frau müssen sich oftmals erst aneinander gewöhnen und aufeinander einschwingen. Es sind immerhin zwei Mikrobiome, die sich vermischen. Präferiert eine Frau wechselnde Sexualpartner ist dies einfach anzuerkennen und entsprechend in die Gesundheitsfürsorge mit einzubeziehen.
- Hygiene und Wäsche:
Normale Duschgels können den pH-Wert der Vagina angreifen. Von daher ist es anzuraten, den weiblichen Süden entweder nur mit Wasser zu pflegen oder auf spezielle, pH-neutrale Pflegemittel zurückzugreifen.
Wenn Frau eher zu Pilzinfektionen und oder bakeriellen Infektionen neigt, sollte sie ebenfalls eher Baumwollwäsche als Synthetische Wäsche tragen. Synthetik begünstigt eine feucht-warme Umgebung, die eher einen guten Nährboden für Bakterien und Pilze bietet.
Ein stabiles Vaginalmikrobiom ist für die Frauengesundheit unerlässlich. Es sorgt für ein gut aufgestelltes Immunsystem, schützt bis zu einem bestimmten Grad vor Erkrankungen wie bakterieller Vaginose oder Pilzbefall. Noch ist nicht genau geklärt inwieweit Milieustörungen mit unerfülltem Kinderwunsch zu tun haben. Bei bestehender Schwangerschaft gibt es einen Zusammenhang zwischen vaginalem Milieu und dem Risiko zur Frühgeburt. Und natürlich hat die Florazusammensetzung einen Einfluss auf das frühkindliche Immunsystem.
Ein Tipp aus meiner Praxis:
Für die Frauengesundheit gibt es neben guten, spezifisch ausgerichteten Milchsäurezäpfchen wie z.B. lacto intim von nupure auch andere wunderbare Zäpfchen. Ich empfehle an dieser Stelle die Rezepturen von Margret Madejski für verschiedene Indikationen. Sie sind gut geeignet zur Pflege und Aufbau des Milieus.
Hier ein Link dazu:
https://werner-mendling.de/wp-content/uploads/CME-Gyn.-Infektionen.pdf
Eine interessante Doktorarbeit:
https://www.sprechzimmer.ch/News/Gesundheit_allgemein/Scheidenentzuendungen_durch_Stress.html
https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/abstract/10.1055/s-0043-101612